„Huch, das ist ja ganz dunkel hier!“
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„Huch, das ist ja ganz dunkel hier!“

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Wolfhagen – Diesen erschrockenen Ausruf bekommen die Mitarbeiter des „Ladens der absoluten Dunkelheit“ in der Mittelstraße, im ehemaligen Opitz Laden, in Wolfhagen öfters zu hören. Einige der Kunden zeigen sogar Angst, in einem Geschäft einzukaufen, in dem sie nichts sehen können. Aber für die elf Leute, die am Mittwochnachmittag den Laden besuchen, ist die Dunkelheit ein Teil ihres Lebens geworden.

Mitglieder des Vereins „SHG Blinde und Sehbehinderte Bad Arolsen“ sind zu Gast im Dunkelladen. Manuela Matthaei, Kultursachbearbeiterin, begrüßt sie herzlich und stellt den Laden als eine Aktion der Arbeitsgruppe „Ab in die Mitte – Feuer und Flamme für Wolfhagen“ vor. Mitarbeiterin Anja Mueller-Opfermann, die Initiatorin, erklärt den Ablauf des Erlebniseinkaufens. In einem abgedunkelten Raum stehen Boxen, in denen sich Gegenstände des täglichen Lebens befinden. Der Kunde tastet sich immer an der Wand lang und befühlt die Gegenstände. Sollte etwas sein Interesse gefunden haben, so legt er es in einen Beutel, den er vorher von einer Mitarbeiterin bekommen hat. Im Vorraum wieder angekommen wird die Ware besichtigt, wobei so mancher überrascht ist über seinen Einkauf. „Oh, diese Farbe wollte ich aber nicht!“ oder „Oh nein, das habe ich doch schon!“ Meistens überwiegt jedoch die Freude über die erstandenen Sachen. Schließlich kostet jedes Stück, das von dem Tedi Unternehmen gespendet wurde, nur 1 Euro. Der erste Teil des Erlöses wurde der Aktion „Tour der Hoffnung“ überreicht und der zweite soll einem weiteren sozialen Unternehmen in der Region zugutekommen. Durchschnittlich kommen 20 bis 30 Leute täglich in das Geschäft, wobei die 150 Kunden am verkaufsoffenen Sonntag des Michaelismarktes den Höhepunkt bildeten. Susanne Teehankee, eine weitere Mitarbeiterin, erzählt, dass auch viele Kinder- und Jugendgruppen den Laden besuchen und offensichtlich viel Spaß dabei haben, denn man hört ihr Kichern und Lachen schon wolfhagen aktion 28 08 2013von Weitem. Doch es geht nicht nur um den Spaßfaktor, sondern auch darum, den Kindern und Jugendlichen die Alltagswelt der Blinden und Sehbehinderten verständlich zu machen. Deswegen zeigt Walburga Hellmann, ein Mitglied des Vereins und in Wolfhagen ansässig, den interessiert lauschenden Kindern bei deren Besuch an konkreten Beispielen, wie sie als Sehbehinderte den Alltag meistert. Weitgehende Normalität ist für die Vereinsmitglieder wichtig, betonten sie immer wieder. Unterstützung in Form von Blindengeld und Hilfsgeräten, wie z.B. Blindenstock oder Einkaufsfuchs, erleichtern ihnen das Leben. Die Einzelschicksale sprechen für sich. Einige sind von Geburt an blind. Einer der Männer bemerkte es erst ab dem sechzehnten Lebensjahr und eine Frau ab fünfzig, um nur ein paar der Mitglieder zu zitieren. Eines haben sie aber alle gemeinsam: die Freude am Leben trotz einer Behinderung. Nach einem ausgiebigen Einkaufen im Dunkelladen bedankt sich der Vorsitzende Karl Hallenberg bei den Mitarbeitern des Ladens. „Der Besuch des Dunkelladens hat uns allen viel Freude bereitet. Wir bedanken uns vor allem für die Aufmerksamkeit und Unterstützung, die Sie uns und dem Verein geschenkt haben.“ Der Laden der absoluten Dunkelheit ist nur noch diese Woche geöffnet. Am Montag, den 30. September ist Ausverkauf und diesmal nicht im Dunkeln sondern im Licht.

© Ursula Neubauer

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